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Berg im Bild # 20

Max Edler von Poosch (Pola 1872 - 1968 Wien)

Als Sohn eines k.u.k. Marineoffiziers wurde Max Edler von Poosch (auch: Maximilian von Poosch-Gablenz) 1872 in der österreichischen Seehafenstadt Pula (Istrien) geboren. 
Ab 1889 studierte er an der Wiener Akademie, später an der Weimarer Kunstschule. Poosch war ab 1907 Mitglied der Genossenschaft bildender Künstler in Wien. Als Reserveoffizier wurde er im Ersten Weltkrieg eingezogen, wo er an der russischen Front und auf dem albanischen Kriegsschauplatz diente. Im Herbst 1915 bewarb er sich um einen Posten als Kriegsmaler in der Kunstgruppe des k.u.k. Kriegspressequartiers und wurde auch aufgenommen. Schwerpunkt seiner Tätigkeit war in der Folge die Italienfront in Süd- und Welschtirol, wo er vom Ortlergebiet bis zur Valsugana sein künstlerisches Schaffen entfaltete. Nach dem Ersten Weltkrieg lebte er in Liezen, Anif bei Salzburg, Berlin und Wien. Als Folge eines Luftangriffes im Zweiten Weltkrieg wurden 1944 die Fresken in der Ruhmeshalle des Heeresgeschichtlichen Museums teilweise zerstört. Da die Originalvorlagen des Malers Karl von Blaas noch erhalten waren, konnte Poosch die Fresken im ursprünglichen Zustand wieder herstellen. Anfang der 50er Jahre waren diese Arbeiten dann abgeschlossen. Der Bildnis- und Landschaftsmaler verstarb 1968 in Wien und fand auf dem Dornbacher Friedhof seine letzte Ruhestätte.
Das hier beschriebene Bild aus dem Ersten Weltkrieg trägt den Titel „Kriegshund ’Lux’ beim Suchen Verschütteter“. Es stellt die dramatische Szene der Suche nach Lawinenopfern im Hochgebirge dar. Der Schäferhund im Vordergrund scheint Witterung aufgenommen zu haben; sogar sein Name „Lux“ wird uns durch den Titel des Bildes überliefert. Eine abgebrochene Schispitze liegt ganz vorne und könnte auf den Verschütteten hinweisen. Zwei Soldaten – einer durch den Spielhahnstoß auf der Feldkappe eindeutig als Kaiserschütze zu identifizieren – betrachten den Suchvorgang gespannt und sorgenvoll. Sie sind mit Seil, Alpenstange und auf den Rucksack geschnallten Schneeschuhen hochalpin ausgerüstet. Im Hintergrund liegt ein bereits ausgegrabenes Opfer rücklings auf dem Schnee; ihm ist offensichtlich nicht mehr zu helfen. Dahinter wird ein weiterer Verschütteter gerade aus dem Schnee geborgen – vielleicht kommt bei ihm die Hilfe nicht zu spät. Dunkle Felsen und eine enge Schlucht schließen das Geschehen wie eine Kulisse ab. Darüber lastet eine schwere Nebelbank, welche der Szenerie einen düsteren Charakter verleiht.   
Das Gemälde des Malers Poosch bringt den Hochgebirgskrieg dramatisch in Erinnerung, der von 1915 bis 1918 an einer 600 km langen Front im Süden des Alpenbogens tobte. Die Gebirgstruppen beider Seiten waren Opfer einer schon damals veralteten Strategie, die Grenzen auf den Bergen und nicht im Tal zu verteidigen. Die meisten Soldaten starben nicht durch feindliche Angriffe, sondern durch Lawinen, Steinschlag, Hunger und Infektionskrankheiten. Der schlimmste Winter war der von 1916/17 – also genau vor hundert Jahren. Es kam zu der wohl verheerendsten Lawinenkatastrophe in der Geschichte Europas. Jüngsten Schätzungen zufolge kamen bis zu 5.000 Menschen in einer „Sturzflut aus Schnee“ ums Leben – der Großteil davon österreichisch-ungarische und italienische Soldaten. Und das zu einer Zeit, in der die Menschen ohnedies einen Krieg gegen die Mächte der Natur zu führen hatten.
Heute gehören die Gebirgsketten den „Freizeittouristen“, die bestens ausgerüstet und gut verpflegt das Abenteuer in den Bergen suchen. Und doch haben Lawinen noch immer nichts von ihrem Schrecken verloren – trotz neuer Ausrüstungsgegenstände wie digitale Lawinen-Verschütteten-Suchgeräte und Airbags. Es seien hier nur drei besonders dramatische Lawinenunglücke aus dem letzten Jahr angeführt: sechs Opfer in einer Riesenlawine von der Schneebigen Nock, 3358 m, im Ahrntal; vier Verschüttete in der bei Extremalpinisten so beliebten Hochferner-Nordwand, 3470 m. Wie ein weiteres schweres Lawinenunglück zuletzt in den Abruzzen zeigte, bietet selbst ein Vier-Sterne-Hotel (Rigopiano) mitunter keinen hinreichenden Schutz (29 Tote). Das großformatige Ölgemälde führt jedenfalls die Macht der Naturgewalten eindrucksvoll vor Augen. Und trotz so mancher moderner technischer Hilfsmittel ist der Lawinenhund auch nach hundert Jahren noch immer eine wichtige Hilfe bei der Suche nach Verschütteten.

Hans Wohlschlager

„Kriegshund „Lux“ beim Suchen Verschütteter“, 1917 
signiert, dat. und betitelt, Ausstellungsetikette 1918, 
Öl auf Leinwand, 99,5 x 84,5 cm