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Interview mit Lisi Steurer

Blog von: Karen Fanto

„Weg der Neugier“ … 
oder was frau am Berg alles so machen kann, wenn sie will …

Lisi Steurer ist seit 15 Jahren hauptberufliche Bergführerin, aber schon viel länger geht sie in die Berge um dort intensive Momente mit Freunden zu erleben, Inspiration zu suchen und das Leben in der Reduktion auf das Wesentliche zu erfahren. Sie ist seit 1997 eine alpine Allrounderin und ist die erste und einzige weibliche Ausbildnerin im Verband der österreichischen Bergführerausbildung. Sie hat zahlreiche Erstbegehungen von Alpinrouten durchgeführt bzw. Kletterrouten in aller Welt erschlossen und liebt das Reisen in fremde Kulturen.

Das waren genügend Gründe für die „Frauenseilschaft“ im Alpenverein Edelweiß, Lisi am 18.04.2018 zu einem Vortrag nach Wien einzuladen um von einer, die es unserer Meinung nach wissen muss, etwas über die Entwicklung, die Tücken und Wendepunkte des „Frauenbergsteigens“ zu hören und zu sehen. Dabei erzählte sie auch über ihre Kletter- und Alpinprojekte in der ganzen Welt – Kanada, Pakistan, Marokko, Patagonien bis in ihre Heimat, die Dolomiten…. einfach dort wo man eben gut bergsteigen und klettern kann. Wir erfreuten uns an tollen Fotos und spannenden Erzählungen und zahlreiche bergbegeisterte Besucher*innen.

Im Anschluss an diesen bereichernden Abend hatte ich Karen Fanto – eine aktive Frau in der „Frauenseilschaft“ – die Möglichkeit Lisi Steurer zu interviewen und noch ein wenig mehr von ihr zu erfahren. Daran könnt ihr jetzt teilhaben …
 

Lisi, wie kamst Du zum Bergsteigen? 
Es begann mit „dem roten Turm“ einer Klettertour, die einmal im Jahr mit den Eltern gemacht wurde. Das war das Highlight des Jahres. Dies begann mit 7. Und dann gab es einen Schlüsselmoment mit einem gemeinsamen Freund, auf einer gemeinsamen Klettertour. Er war Bergführer, aber meinte bald: „jetzt steig Du vor“ – „da habe ich gesehen, wie gut das geht“; Da war ich 17.

Wie standen Deine Eltern zu Deiner Berufswahl?
Die Leidenschaft der Eltern zum Bergsport war schon da, aber nicht in dem Ausmaß. Heute sind Sie stolz, haben aber auch schwere Zeiten mit mir durchgemacht: diese „dubiosen“ Klettertypen mit den langen Haaren, Klettern und Partys – das war nicht so leicht. Von den ersten schweren Touren habe ich daher erst mal nichts zu Hause erzählt.
 

Gab es Hindernisse?
Nein – im Gegenteil. „Ich bin eingeschlagen wie eine Bombe“. „Endlich kommt eine Frau“. In Italien und Frankreich gab es dies schon. Ich wurde da echt „Vollgas“ unterstützt.


Gab es „Gate Keeper“?
Es gab das „Role-Model“ (s.o.) und damit auch das Bergsteigen als Hauptberuf. Die Begegnung war immer auf Augenhöhe. Das hat mich geprägt, und auf den Weg gebracht. Gehen musste ich den Weg allerdings selbst.


Wir wissen aus einigen Berichten von Frauen, dass sie in alpinen Vereinen oder am Berg nicht ganz ernst genommen werden, hast du auch solche Erfahrungen gemacht?
Nein, ich habe immer gute Erfahrungen gemacht, eher umgekehrt, ich habe sehr viel Wertschätzung erhalten. Dafür, dass man als Frau anspruchsvolle Touren führen kann. Was eher der Fall war, als ich Anfang 20 war, dass ich als Teilnehmerin verwechselt wurde, und man beim Treffpunkt noch auf den Bergführer warten wollte. Da habe ich dann angefangen, das Bergführer Abzeichen zu tragen. Übrigens habe ich das als Kind schon von meinen Eltern mitbekommen: „Wenn Ihr was machen wollt – müsst Ihr Euch dahinter klemmen“.


Konntest Du von Beginn an von der Bergführung leben?
Ja, das konnte ich. Ich habe mir dann ein zweites Standbein aufgebaut und habe nebenberuflich Freitag und Samstag studiert. Nun unterrichte ich auf der FH.


Kennst Du den % Anteil der Bergführerinnen?
Ja, 1% in Österreich. In der Schweiz etwas mehr.


Ist die Ausbildung zur Bergführerin „gegendert“?
Nein weil es für den Kunden ja auch in meinen Augen eine Abwertung wäre mit jemanden eine Tour zu gehen der weniger streng ausgebildet ist und dennoch viel Verantwortung tragen muss. Alle Bergführer Anwärter/innen müssen in der Ausbildung also dasselbe leisten. Nachdem es sich dabei aber nicht um Spitzenleistungen, sondern um überdurchschnittlich gute Leistungen handelt finde ich das auch ok. Im Spitzensport macht es schon Sinn, dass Frauen und Männer anders behandelt werden.


Kann man aus Deiner Sicht alles Notwendige lernen? Auch z.B. die Orientierung?
Ja. Schwierig wird es nur beim Gewicht. Eine 60kg schwere Bergführerin mit einem 30kg Rucksack ist von der Physiologie nicht einfach, da hilft kein Training. Das muss man aber als Bergführer/in in den Alpen auch nicht schleppen.


Du leitest eine eigene Alpinschule. Führst Du Gruppen?
Hauptsächlich anspruchsvolle, Einzelpersonen individuell. Für Gruppen arbeite ich mit anderen Bergführer/innen zusammen.


Gibt es Grenzen?
Eine Familie zu gründen ist ein schweres Thema, da wir als Bergführer*innen oft mehrere Tage weg sind. Evt. Ist dies vielleicht auch ein Grund, warum es so wenige Frauen in dem Beruf gibt. Es ist schwer vereinbar. Aber nicht unvereinbar.


Wenn ein Mädchen zu Dir käme, und Dich als „Role Model“ fragt, ob Sie diesen Job ergreifen soll, was würdest Du ihr raten?
Wenn Sie das möchte, soll Sie das tun! Ja!

Danke, Lisi für das Gespräch. Es war eine große Freude. Hoffentlich nehmen Dich viele Frauen und Mädchen (weiterhin) als Role Model.


Liebe Grüße
Berglerin: Karen Fanto
Alle Fotos © Karen Fanto
 




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